Am 12. Juni 2007 „Menschen bei Maischberger“.
Altbundeskanzler Helmut Schmidt und der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker treffen sich bei Sandra Maischberger zum ersten Mal bei einem gemeinsamen TV-Gespräch (ARD, hier das ganze Gespräch).
Am Ende der Plauderei gings auch ums Thema „Glauben an Gott“.
Ich habe mir mal die Arbeit gemacht diesen Teil zu transkribieren:
Sandra Maischberger:
Reden Sie über Glauben?
Bei Helmut Schmidt hab ich gelesen, 1941 hat er eben unter den Eindrücken der Kriegsverhältnisse gesagt, er hat gelernt sich innerlich ganz auf Gott zu verlassen. Mittlerweile sagen Sie, Sie glauben nicht an Gott. Es muss also etwas passiert sein.
Helmut Schmidt:
Das hab ich nicht gesagt.
Richard von Weizsäcker:
Das stimmt so nicht.
Sandra Maischberger:
Bei dem Kollegen Beckmann haben Sie´s gesagt.
Helmut Schmidt:
So hab ich das nicht gesagt. Ich glaube
Sandra Maischberger:
Ich hab´s gehört.
Helmut Schmidt:
so hab ich das auch nicht gemeint.
Aber ich würde mich heute nicht mehr auf Gott verlassen.
Sandra Maischberger:
Weil er nicht da ist?
Helmut Schmidt:
Das ist wahr. Was?
Sandra Maischberger:
Weil er nicht da ist oder weil
Helmut Schmidt:
Nein…Gott hat all zu viele schlimme Dinge zugelassen.
Er hat Auschwitz zugelassen.
Er hat den Mord an sechs Millionen Juden zugelassen.
Er hat die beiden Weltkriege zugelassen.
Ich kann mir unter solchen Worten wie Gottes Gerechtigkeit eigentlich nichts richtiges Vorstellen muss ich bekennen.
Sandra Maischberger:
Da sind Sie anderer Meinung, nicht wahr?
Richard von Weizsäcker:
Ich finde das Helmut Schmidt jetzt gerade in der von mir schon vorhin schon mal erwähnten Ethik Rede über das Verhalten der Religionen , und dabei auch vor allem der christlichen Religionen gesagt hat, in seinem Kern richtig und notwendig , es zu sagen.
Das heißt, all zu oft ist die Religion für Zwecke der Macht eingesetzt und missbraucht worden.
Sandra Maischberger:
Aber was er jetzt sagt ist doch was ganz anderes.
Richard von Weizsäcker:
Ja ja. Nein nein.
Sandra Maischberger:
Jetzt sagt er, Gott hat es zugelassen.
Das würde ich gerne wissen von Ihnen.
Richard von Weizsäcker:
mal langsam, und daraus hat er, so wie ich den Text im Gedächtnis habe, abgeleitet das er eben doch auch enttäuscht ist davon was z.B. die christliche Religion mit ihrem Gott und ihrem Paulusbrief in der Bibel und so weiter alles nicht zu Stande gebracht hat.
Sandra Maischberger:
Aber jetzt hat er doch gerade gesagt, das war Gott der zugelassen hat. Auschwitz. Das würde mich interessieren wie Sie das als Christ sehen.
Richard von Weizsäcker:
Weil es keine Kategorie der Beurteilung von Gott in Bezug auf Ereignisse gibt die auf der Welt passieren. So definiert man nicht Gott. Das heißt man definiert Gott überhaupt nicht. Das kann man doch gar nicht. Das es aber Menschen gibt, die in ihrem Leben, in ihrem völlig friedlichem Leben, in der Wirklichkeit sich Mitmenschlich zu betätigen, etwas gutes zu tun und wohl zu tun, dass die sich auf Gott berufen, das wird doch wohl auch Helmut Schmidt diesen Menschen nicht streitig machen. Auch dann, wenn man über Ereignisse in dieser Welt spricht bei denen man nicht versteht, nach seiner Sprache, dass Gott das zulassen könne. Und ich finde nur das muss immer dazu gesagt werden können.
Und schließlich, wenn man das nicht immer im Bezug auf den einzelnen Menschen anwendet, sondern auch hinsichtlich der Verhältnisse bei uns in der Gesellschaft. Es geschieht verschiedenes. Es geschieht auch über das rein menschliche Bedürfnis hinaus bis in unsere konkrete Struktur, und, naja jetzt fang ich gleich wieder an mit der Außenpolitik, bis in die Außenpolitik hinein. Was habe ich vor allem gelernt?
Im 1965 die Ostdenkschrift der evangelischen Kirche mit zu verfassen. Das hat einen starken Einfluss aus geübt. Und das war ein Einfluss den ich auch für wertvoll hielt, aber der natürlich Ihre Frage nach der Beziehung zu Gott nicht beantwortet.
Sandra Maischberger:
Welche ist denn Ihre Beziehung zu Gott?
Richard von Weizsäcker:
Ich äußere mich über diese Fragen nie, und auch nicht heute Abend hier.
Sandra Maischberger:
Warum nicht?
Richard von Weizsäcker:
Warum soll ich das?
Sandra Maischberger:
Weil das ein Teil des Lebens ist?
Weil viele Leute daran interessiert sind?
Richard von Weizsäcker:
Aber verehrte Frau Maischberger. Es ist Ihr gutes Recht, und ich finde es auf Ihre Weise auch verständlich dass Sie alle möglichen Fragen stellen, die ich, was Sie gut verstehen werden, nicht beantworten will und nicht werde.
Sandra Maischberger:
Bitte. Ich bin überrascht dass das an diesem Punkt ist, aber natürlich wird das hier akzeptiert.
Ja, das ist schon vertrackt mit dem Glauben.
Aber es ist auch eine sehr persönliche Sache. Daher ist es außerordentlich schwer, ein Verhältnis zu Gott in der Öffentlichkeit einfach so darzulegen. Häufig gibt es dann Menschen, die eine sehr vorsichtig versuchte Antwort (bei all den Schwierigkeiten, die die gelebte Sprache natürlicherweise mit sich bringt) auseinandernehmen, die Zwischentöne, Zögerungen etc. ausblendend und behaupten: Er hat gesagt…(man sagt eben nicht nur mit den gesprochen Worten, sondern auch mit Gesten, Pausen, Zögerungen, Stimmlage etc.)
Insofern verstehe ich die Zögerungen beider Politiker eine „eindeutige Aussage“ zu machen. Sie kennen die Mechanismen der Medien und des Umgangs mit ihnen aus jahrelanger Erfahrung.
Im perönlichen Gespräch, ohne Medienpräsenz, würden die Antworten wahrscheinlich anders ausfallen. Aber das ist Spekulation.
Für einen öffentlichen, tiefgehenden Diskurs zu Grundfragen des Lebens braucht es sowohl offene, authentische Gesprächsteilnehmer als auch offene, wertschätzende und an der Erkenntnis und nicht am Effekt interessierte Zuhöher/Zuschauer. Selten ist eine solche Kombination gegeben. Wünschenswert wäre sie viel häufiger…
Das Problem was ich hier sehe ist, was man denn unter Christ sein zu verstehen hat. Christ zu sein bedeutet nach meinem Verständnis eigentlich dem Christus nach zu folgen. Christ zu sein bedeutet demnach auch, die gute Botschaft von Gottes Reich zu verbreiten (Missionieren). Ich möchte jetzt hier nicht alle Bibelstellen aufführen die mein Verständnis untermauern. Da ich selbst keiner religiösen Gruppe mehr angehöre, sehe ich das vielleicht aus einer entspannteren Perspektive.
Wir hatten ja auch letzte Woche die Meldung vom Vatikan-Papier.
Hier zeigt sich wieder wie unterschiedlich das Verständnis von Christ sein ist.
Ich finde es nur Merkwürdig, wenn man in Medienberichten hört, dass die Hetzerei einiger radikaler Moslemführer nicht im Einklang mit der Botschaft des Koran steht.
George W. Bush sieht beispielsweise im Irak Krieg seine göttliche Mission. Das sind jetzt keine linksradikalen Parolen, sondern frei zugängliche Recherche Ergebnisse eines öffentlich rechtlichen deutschen Fernsehsenders (Monitor, WDR).
http://www.wdr.de/tv/monitor/pdf.phtml?myP=030403b_gott_und_bush.pdf
Ich bin froh dass unsere Gesellschaft so weit ist, solche Themen offen ansprechen zu können, ohne Angst haben zu müssen auf dem Scheiterhaufen zu landen.
Christ wird man durch Glauben und nicht durch Werke. Allerdings äußert sich dieser Glaube durch Werke. Nicht aus Angst vor Strafe oder weil es eine Verpflichtung ist, sondern aus (Glaubens)Überzeugung. Damit will ich sagen, wer sich christlich verhält muß nicht notwendigerweise Christ sein, denn die Werke kann man auch ohne Glauben tun. Christ sein und sich wie ein Bestie benehmen, das geht vielleicht für kurze Zeit, aber langfristig nicht, denn das würde dem Glauben widersprechen und den kann man auf Dauer nicht vergewaltigen, der würde dadurch absterben.