Mit zwei Augen sieht man besser
Gestern Abend lief im ZDF das Wissenschaftsmagazin eine Sendung von Joachim Bublath.
Die Schlagzeile lautete: Die modernen Wunderheiler (die Sendung steht online zur Verfügung die Sendung wurde vom ZDF entfernt, siehe auch hier). Klarer kann man Fronten nicht bilden. In den „Eintopf“ wurde zu guter letzt noch der Kollege (?) Hademar Bankhofer von der ARD geworfen. Von „keine Wirkung“ und „Placeboeffekt“ über „extrem gefährlich“ landete man bei der modernen Einsicht, dass die Wirkmechanismen von unserem Gehirn gesteuert werden.
Interessant die Reaktionen der Zuschauer
Hier einige Überschriften der Kommentare:
Volksverblödung!, So können wir etwas bewirken… Unerträglich, Volksverhetzung im ZDF?, Gesponsort durch die Pharmaindustrie oder einer Ärztevereinigung? Wer war der Sponsor ?, Das war ja wohl ein Witz ! Schade Blutegeltherapie, Homöopathie ist doch wirksam maximal einseitig und miserabel recherchiert – sagt eine Schulmedizinerin, was ist bloß in bublath gefahren??? Hexenverbrennung im ZDF?, So eine Dummschwätzerei, schlechte Erwartung noch bei weitem übertroffen, Achtung Ironie: Sehr gut recherchiert 😉 Medizinische Kollateralschäden?, ZDF – der neue schwarze Kanal ? Wahrscheinlich … Nie mehr Bublath, was war denn das???, auf dem 2. Auge blind – das halten die sich ja zu, Homöopathie ohne Wirkung?, Pseudowissenschaftliche Sendung, Wissenschaftlichkeit- dass ich nicht lache!, Diffamierung gesunden Menschenverstands…
http://www.zdf.de/ZDFforum/ZDFde/inhalt/2/0,1872,5249314,00/F498/msg1419708.php
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Echte Schmerzmittel sind wohl auch nur Placebos
Bublath stellt fest, dass in keiner wissenschaftlichen Studie die homöopathischen Mittel wirksamer waren als die Placebos.
Danach kommt die wissenschaftliche Erleuchtung:
„Bei der wissenschaftlichen Untersuchung des Placeboeffektes Homöopathie mit Hilfe moderner Tomographieverfahren, zeigt sich das Heilen mit dem Nichts als bloßer Placeboeffekt“.
Doch dann kommt die Überraschung:
„Wenn man fest davon überzeugt ist, ein starkes Schmerzmittel verabreicht zu bekommen, passiert das Ungewöhnliche: im Gehirn kommt ein Prozess in Gang, der die Wirkung eines echten Schmerzmittels nachahmt. Es werden die gleichen Signalwege zum Schmerzzentrum benutzt. Und dann: die Schmerzen lassen nach oder hören auf. Dank des Placeboeffekts.“
Wenn nun das „echte“ Schmerzmittel die gleiche Wirkung zeigt wie das Placebo, was ist es dann anderes als ein Placebo?
Noch ein Nachtrag zu der Heilpraktikerschelte des Herrn Bublath:
Es heißt: „Der Test im Gesundheitsamt ist relativ einfach, …“
Da sollte er sich einmal einen solchen Test ansehen.
Unter Downloads->Prüfungen kann man sich auf der Seite einer Heilpraktikerschule einen solchen von einer Ärztin kommentierten Test herunterladen (http://www.artemis-lehrinstitut.de).
Als relativ einfach würde ich das nicht bezeichnen.
Ich würde Herrn Bublath beim Umgang mit solchen Themen etwas mehr „Knoff-Hoff“ wünschen. Für mich ist er unglaubwürdig geworden.
Naja, völlig widerspruchslos erscheint mir keine wissenschaftliche Sendung. Zwischendurch muss ich immer mal ein Auge zu drücken ;-).
Aber bei dieser Sendung waren meine Augen und Ohren doch sehr beansprucht.
Ob der Test für Heilpraktiker jetzt besonders einfach ist oder nicht, finde ich in diesem Zusammenhang der Nachbetrachtung der Sendung als Ganzes sehr interessant.
1.
Joachim Bublath hat nach dem Abitur (i=) „Chemie, Mathematik und Physik“ studiert. Das war bestimmt nicht einfach. Und trotz jahrelanger Arbeit als „Wissenschaftspublizist“ (vor lauter Anführungszeichen verliert man ja bald den „Überblick“) produziert er so einen „Output“.
2.
Vielleicht hätte er noch Journalismus studieren sollen?
Aber daraus müsste folgen, gehe zu „1.“ und ergänze die Variable (i) mit „Journalismus“. Wenn sich dann an dem Ergebnis nichts ändern würde, was nicht unwahrscheinlich ist, dann kann man in die Variable noch so viel rein packen (Philosophie, Geschichte…). Der mögliche „Output“ ist nicht vorhersehbar.
In meinem Leben hatte ich schon mit sehr vielen Akademikern aus den unterschiedlichsten Bereichen zu tun. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien und Forschung sind aus meiner Sicht Schlüsselfaktoren für die Lösung komplexer Probleme, die leider nicht selten auch Rekursiv aus den Wissenschaften entstanden sind. Was jeder einzelne aus seinem Wissen in der Praxis macht, ist doch letztendlich entscheidend. „Die Wissenschaft“ als homogene Menge gibt es nicht. Um das deutlich zu machen, sind wohl auch Sendungen wie die hier angeführte nötig.
Für mich stellt sich die Frage: „Was ist Wissenschaft?“.
Wisssenschaft, hat der gute Dr. Carl Sagan (einfach mal in Wikipedia nachschauen) mal schön gesagt, sit die „Heirat aus Staunen und Skeptizismus“.
Euch, liebe Leute, empfehle ich etwas mehr Skeptizismus.
Die Sendung von Dr. Bublath war ungewöhnlich gut, weil sie der rapide steigenden Menge alternativen Schwachsinns einmal etwas entgegensetzte.
@ Frau Hlzer:
Das mit den Schmerzmitteln haben Sie missverstanden. „Schulm-edizinische“ (sprich: wirksame) Schmerzmittel haben SOWOHL einen Placebo als auch einen chemischen Effekt (z.B. Reduktion der Nervenbahn-Potenziale). Ein NICHT-wirksames „Medikament“ (z.B. Wasser) hilft aber auch – einfach, indem es das Gehirn täuscht, weil dieses eine Besserung erwartet. Noch lange kein Grund, Wasser in kleinen Fläschchen mit der Aufschrift „Homöopathie“ teuer zu verkaufen…
Er hat’s einfach nur nicht kapiert – die Ähnlichkeitsregel der Homöopathie. Aber das geht wohl auch nicht mit einem wissenschaftlich so verbogenem Hirn.
Wer es genau haben will, dem empfehle ich das H.Blog:
„…Gut, der Beitrag strotzte … wie auch die im Internet auffindbaren Spuren von Ralf Behrmann, Nina Gerlach, GWUP & Co. … vor Wissen, Halbwissen, Fehlern und Grotesken. Das fängt bei Kleinigkeiten wie der nicht zulässigen Gleichsetzung von Verdünnung mit Potenzierung an, setzt sich in der fehlerhaften Darstellung einer C2-Potenz fort und endet schließlich in der laienhaften und sachlich falschen Darstellung der Lancet-Kontroverse um das mehr politisch gewünschte als faktisch festgestellte „Ende der Homöopathie“. Die Sendung wärmte hier alte Märchen auf, welche in der wissenschaftlichen Fachpresse, z. B. in der unverdächtigen Deutschen Zeitschrift für Klinische Forschung oder in der Forschenden Komplementärmedizin, schon lange korrigiert und zu den Akten gelegt wurden…“
Der B-Note von Klaus Fritsche schließe ich mich übrigens an:
„…Und was diesen Punkt angeht, so bekommt »Heilen mit dem Nichts?« hier ausdrücklich die Note sehr gut, übertroffen nur von den Recherchen eines Horst Schlämmer, Chefredakteur des Grevenbroicher Tagblatts…“
Susanne
Das H.Blog findet man hier:
http://www.psychophysik.com/h-blog/?p=87
H.Blog? Allein die Domain ist doch nen Witz: „Psychophysik“ – nen besseres Beispiel für Worthülse gibt’s doch kaum. Oder „komplementärwissenschaftliche Forschung“ – lächerlich.
An alle diejenigen die sich mehr oder wenige zur Homöopathie hingezogen fühlen: Zweifelt mal kurz für einen Moment und denkt nach:
1) Wieso glaube ich mehr zu wissen bzw. schlauer zu sein als jeder ernstzunehmende Wissenschaftler.
2) Denkt besonders über eure Motive nach: Wieso glaube ich und wieso möchte ich glauben das die Homöopathie wirkt.
Der von Homöopathen gerne abfällig verwendete Begriff Schulmedizin ist ganz einfach zu übersetzen: Medizin die in einer wissenschaftlichen Studie bewiesen hat das sie wirkt (Doppel-Blind-Test). Das hat rein gar nichts mit „Chemie“ zu tun. Jeder pflanzlicher Wirkstoff für den das gilt gehört ebenfalls zur Schulmedizin – und davon gibt’s ne Menge.
Einige von denen werden nur mittlerweile synthetisch hergestellt, da dies 1) billiger und 2) besser ist – Weidenbaumrinde enthält beispielsweise Salicylsäure – Aspirin besteht aus Acetylsalicylsäure – gleiche Wirkung, weniger Nebenwirkungen.
Das, auf was es zuletzt ankommt, ist, ob ein Medikament mir persönlich hilft oder nicht. Warum es das tut, ist mir unglaublich egal.
Ich bin eigentlich ziemlich skeptisch, was Homöopathie betrifft, aber bei meinem letzten Schnupfen haben homöopathische Mittel merklich besser geholfen als meine sonstigen Hausmittelchen. Also nehme ich sie beim nächsten Mal auch wieder!!
Ich würde allerdings auch nicht auf die Idee kommen, eine Herzinsuffizienz oder ähnliches mit Globuli zu behandeln…
Hier noch eine Pressemitteilung einer freien Medizinjournalistin Namens Tanja Hindemith Der Fall Joachim Bublath – „Wer schreit hat Recht“